Kita Prießnitzzwerge

Träger: Landeshauptstadt Dresden

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01099 Dresden
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Teilnahme am Programm: 2018-2022

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Vom pädagogischen Gruppenangebot zur Einzelbegleitung

Dokumentation eines Prozesses im Rahmen der Stelle als zusätzliche Fachkraft in einer Kita im Zeitraum Januar 2019 bis Juli 2019

Ich bin seit Oktober 2018 als Kitasozialarbeiterin in der Kita Prießnitzzwerge in Dresden Neustadt tätig. Anhand der bedarfsorientierten Ziel- und Maßnahmeplanung, welche am Beginn meiner Tätigkeit in der Kita stand, kristallisierte sich in Absprache mit dem Bezugspädagogen einer altersheterogenen Kindergruppe (16 Kinder im Alter zwischen 3-7 Jahren) heraus, dass ein regelmäßig stattfindendes pädagogisches Angebot zur Stärkung sozialer und emotionaler Kompetenzen für die Kinder der Gruppe etabliert werden könnte. Anlass hierfür waren meine eigenen Beobachtungen, sowie die des Bezugserziehers. In der Gruppe gab es eine Anzahl von Kindern, die herausforderndes Verhalten bezüglich ihres Sozialverhaltens zeigten (verminderte Impulskontrolle, aggressives Verhalten, wenig Empathie, mangelnde Emotionsregulierung, Nicht-Einhalten von Gruppenregeln usw.). Auf der anderen Seite befand sich in der Gruppe ein gewisser Anteil von Kindern, die neben den aktiveren, lauten, herausfordernden Kindern wenig sichtbar waren und „in den Hintergrund“ gerieten. Gemeinsam mit dem Bezugserzieher der Gruppe beschloss ich eine regelmäßige Verankerung des pädagogischen Angebotes (einmal wöchentlich an einem bestimmten Tag, für ca. eine Stunde) im Wochengeschehen der Kindergruppe. Unsere vorher gemeinsam abgestimmten Ziele waren folgende:

  • Verringerung aggressiven Verhaltens in Konfliktsituationen und Kenntnisse über die Anwendung bestimmter Konfliktlösungsstrategien, Förderung der Konfliktfähigkeit
  • Erfahren von Selbstwirksamkeit und Aufbau von Selbstbewusstsein
  • Förderung von Perspektivwechsel
  • Förderung vor allem in den Bildungsbereichen: somatische Bildung, soziale Bildung, kommunikative Bildung, ästhetische Bildung
  • Förderung von Emotionswissen, Emotionswahrnehmung, Emotionsausdruck und Emotionsregulierung
  • regelmäßige gemeinsame Reflexion des pädagogischen Umgangs der Pädagogischen Fachkräfte mit den herausfordernden Kindern und des pädagogischen Handelns im Gruppengeschehen (Ausbau von pädagogischen Handlungsstrategien)

Im Rahmen des über mehrere Monate stattfindenden Prozesses agierten wir vorrangig auf den 3 Handlungszielebenen KINDER, FAMILIEN und TEAM. Hierbei nutzte ich in der gemeinsamen Arbeit mit den Kindern verschiedene Methoden zur Förderung der sozialen und emotionalen Kompetenzen, wie zum Beispiel:

  • Arbeit mit einer Handpuppe
    Handpuppe „Rosi“
  • Dialog, Gespräche, Austausch
  • Rollenspiele
  • bestimmte Rituale zu Beginn und Ende der Sessions
  • verschiedenste Kooperationsspiele
  • kreative Ausdrucksmöglichkeiten die Gefühlswelt betreffend (kreatives Gestalten, Musik, Fotografie)
  • thematische Bücher, Gedichte und Geschichten
  • Arbeit mit Gefühlsbildkarten
  • erlebnispädagogische Elemente im Freien

Bei der Gestaltung des Angebotes wurden die Kinder von Anfang an mit einbezogen, indem sie ihre Ideen und Wünsche für die gemeinsame Aktivität benannten, anhand derer ich gemeinsam mit dem Bezugserzieher der Gruppe die einzelnen Stunden plante.

Es gab immer wieder Raum für eine gemeinsame Reflexion des Geschehenen, die Kinder wurden zur Meinungsäußerung angeregt und herausgefordert.

In der Zeit des Prozesses fand ein regelmäßiger intensiver Austausch mit dem Bezugserzieher der Gruppe statt, einerseits für die Planung des Angebotes, aber auch für Kinderbesprechungen und Unterstützung für die Entwicklung von Handlungsalternativen zum bisherigen pädagogischen Handeln in Bezug auf die auffälligen Kinder. Dem Kita-Team wurden meine Tätigkeit in der speziellen Kindergruppe und die pädagogischen Ziele meines Wirkens im Rahmen einer Teambesprechung transparent gemacht.

Die Familien der beteiligten Kinder informierte ich regelmäßig über die Infotafel der Gruppe, wo ich kurze Beschreibungen der einzelnen Treffen, mit Fotos und den beabsichtigten pädagogischen Wirkungen und Beschreibungen von tollen Momenten der Kinder darstellte. Hier war es auch möglich, die Familien um verschiedene Materialien zu bitten beziehungsweise Organisatorisches zu klären. Einige Familien kamen anhand der Aushänge auch direkt auf mich zu, um mit mir über das Projekt beziehungsweise auch speziell über ihre Kinder zu sprechen.

Im Vorhinein legten der Bezugserzieher und ich einen Termin zur ausführlichen Zwischenreflexion des Prozesses gemeinsam mit den Kindern im April 2019 fest. Hier tauschten wir uns noch einmal darüber aus, was bisher stattgefunden hat, welche Effekte eventuell schon spürbar sind und ob das Angebot in dieser Form weiterlaufen soll. Bis dahin hatte ich 4 Monate mit den Kindern regelmäßig gearbeitet. Bei diesem Treffen kristallisierte sich heraus, dass ein Teil der Kinder gern noch weiter mit mir arbeiten möchte, der andere Teil der Kinder das Projekt lieber abschließen möchte. Hier ein kleiner Ausschnitt der Kinderantworten:

„Es hat mir eigentlich ganz gut gefallen, aber über Gefühle zu sprechen, das fiel mir schwer.“

„Ich mag Treffen in der großen Gruppe nicht so, ich treff` mich lieber nur mit meinen Kumpels.“

„Ich fand alles schön.“

„In der Zeit, wo wir uns mit dir getroffen haben, konnte ich nicht Lego spielen.“

Auf Grund der unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder beschloss ich gemeinsam mit dem Bezugserzieher, mit einem Teil der Kinder in anderer Form noch weiterzumachen, während er mit dem anderen Teil der Kinder zur gleichen Zeit Möglichkeit und Raum zu intensiverer Beziehungsgestaltung hat und die Kinder mehr selbstbestimmte Zeit für sich.

Die Ideen der „übriggebliebenen“ Kinder wurden von mir angehört und gesammelt und wir entschieden, zusammen Pinatas zu gestalten. Die meisten der Kinder waren Schulstarter und wollten die Pinata an ihrem Schulanfang aufhängen und feierlich zerschlagen (Lebensweltbezug). Auf Grund verschiedenster Termine der Kinder, Urlauben, spontanen anderen Interessen oder zerplatzten Luftballons usw. kam es schließlich dazu, dass nur noch ein Kind die Gestaltung seiner Pinata tatsächlich bis zum Schluss umsetzen wollte. Es handelte sich um einen zurückhaltenden Jungen, dem es im Verlaufe des Gruppenprozesses laut eigener Angaben oft schwergefallen war, über seine Gefühle zu sprechen oder auch seine Meinung zu äußern. Da ich als zusätzliche Fachkraft den Auftrag und die Kapazität besitze auch außerhalb von Gruppenkontexten intensiv mit einzelnen Kindern zu arbeiten, traf ich mich weiter mit dem Jungen in der Kita-Werkstatt. Während unseres gemeinsamen kreativen Tuns kamen wir in intensiven Austausch. Der Junge offenbarte mir viel von seiner Gefühlswelt, wir sprachen unter anderem über seine Befürchtungen vor dem bald beginnenden neuen Lebensabschnitt mit Beginn der Grundschulzeit und dem Leben ohne Vater. Ich konnte erleben , wie er sich mir im Laufe der gemeinsamen Stunden und über die „Brücke“ des gemeinsamen Tuns langsam öffnete und zugänglich für bestärkende ressourcenorientierte Impulse wurde. Er erlebte sich selbst als Kind mit Geduld, Durchhaltevermögen, pfiffigen Ideen und reflektierte mit mir zusammen, dass dies wunderbare Ressourcen für den baldigen Schulstart und überhaupt für’s Leben im Allgemeinen sind. Der Prozess vom Gruppenangebot bis hin zur bedürfnisorientierten Arbeit mit einem einzelnen Kind war für mich eine sehr wertvolle Erfahrung in meiner Tätigkeit als Kita-Sozialarbeiterin.

Katja Arnold | Kita Prießnitzzwerge, Dresden