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KINDER STÄRKEN 2.0 - Fachtag 09.09.2025

Der jährliche Fachtag bildet das Herzstück von KINDER STÄRKEN 2.0. An diesem Tag treffen sich Programmfachkräfte aus ganz Sachsen in Dresden – für die einen ein freudiges Wiedersehen, für die anderen ein erstes Kennenlernen. Am 9. September 2025 stand die Veranstaltung unter dem Motto: Miteinander in den Dialog treten – Expertise, Austausch, Perspektiven.

Gemeinsam für den Fachtag: Dr. Ute Günther, Prof. Timm Albers, Wilfried Kühner (SMK), Stephan Koesling (SLfG), Silke Meyer und Andreas Wiere (v. l. n. r.)

Silke Meyer aus dem Team der Koordinierungs- und Beratungsstelle eröffnete den Fachtag und begrüßte die Teilnehmenden herzlich. Sie dankte den rund 200 Fachkräften für ihre Expertise, ihre Erfahrungen und ihre Ideen – all das mache KINDER STÄRKEN 2.0 nicht nur zu einem Programm, sondern zu einer gelebten Haltung. Als zentrale Partner würdigte sie dabei das Kultusministerium sowie die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.
In ihrer Ansprache blickte Silke Meyer auf neun Jahre Programmumsetzung zurück –auf wertvolle Erfahrungen, gemeinsame Erfolge und gewachsene Strukturen. Zugleich lud sie dazu ein, nach vorn zu schauen: auf frische Impulse und die Weiterentwicklung dessen, was seit 2016 entstanden ist. „Denn nur im Miteinander, im echten Dialog, können wir die Kraft entfalten, Kinder wirklich stark zu machen“, betonte sie.

Eröffnung des Fachtags von KBS-Projektleitung Silke Meyer

Im Anschluss ergriff Staatssekretär Wilfried Kühner vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus das Wort und brachte eine erfreuliche Nachricht mit: KINDER STÄRKEN 2.0 wird ab Juli 2026 fortgeführt – dann mit rund 300 zusätzlichen Fachkräften in Sachsens Kitas. Damit wird das Programm weiter gestärkt, denn „auf den Anfang kommt es an“. Gerade in den ersten Lebensjahren werden die Grundlagen für gute Bildung und persönliche Entwicklung gelegt. Sein besonderer Dank galt den Fachkräften, die KINDER STÄRKEN 2.0 Tag für Tag mit Herz und Engagement füllen.

Grußwort von Staatssekretär Wilfried Kühner (SMK)

So geht Inklusion!
Im Hauptvortrag Gute Bildung vom Kind aus denken – Vielfalt leben, Chancen gestalten machte Prof. Dr. Timm Albers, Professor für Inklusive Pädagogik an der Universität Paderborn, deutlich: Inklusion bedeutet weit mehr als die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Sie betrifft die gesamte Gesellschaft und fordert, dass jeder Mensch – unabhängig von Fähigkeiten oder Unterschieden – aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Im Mittelpunkt steht dabei die Verwirklichung von Kinderrechten und die Anerkennung der Einzigartigkeit jedes Kindes.
Gleich zu Beginn regte Albers an: „Lasst uns austauschen, um ein gemeinsames Verständnis von Inklusion zu entwickeln.“ Kindergärten und Horte, so betonte er, müssten in diesem fortwährenden Lernprozess nicht perfekt sein. Entscheidend sei vielmehr, dass sie sich auf den Weg machen, allen Kindern echte Teilhabe zu ermöglichen, Zugang zu guter frühkindlicher Bildung zu schaffen und jedes Kind individuell zu fördern. Dafür braucht es ein starkes und qualitativ hochwertiges Kita- und Schulsystem. Besonders eindrücklich formulierte Albers: „Strukturen müssen sich anpassen – nicht die Kinder an Normen. Nicht das Kind muss schulfähig sein, sondern die Schule kindfähig.“
Als Praxisbeispiel stellte Prof. Timm Albers das Sozialraum-Projekt Ein Quadratkilometer Bildung vor, das Vernetzung und Verantwortungsgemeinschaften für gute Bildung fördert.

Gute Bildung vom Kind aus denken – Prof. Timm Albers

Für ihn sind inklusionsbezogene Handlungen im Kern nichts anderes als gute elementarpädagogische Praxis. Immer wieder gelte es, genau hinzuschauen: Wo werden Kinder benachteiligt – und wie können wir ihre Beteiligung stärken?
Mit Mut, Herz, guten Rahmenbedingungen und manchmal auch ein bisschen Glück können Fachkräfte Barrieren abbauen und Orte schaffen, an denen Vielfalt geschätzt und jedes Kind als gleichwertig anerkannt und respektiert wird. Wesentliche Schritte seien dabei die Selbstreflexion über die eigene Haltung, die Entwicklung eines inklusives Leitbildes im Kita-Team sowie die bewusste Einbeziehung der Kinderperspektive. Beispielhaft verwies Albers auf die QuaKi-Studie, in der Kinder selbst schildern, was für sie eine gute Kita ausmacht. Seine Empfehlung an die Fachkräfte: „Lassen Sie sich immer wieder von Kindern überraschen!“
[Mehr zu Prof. Albers im KBS-Beitrag des Herbstnewsletters der SLfG unter 2) Visionär]

Wir für Euch – Im Dialograum an den Thementischen
Nach dem Vortrag begannen die Thementischrunden. Über ein Ticketsystem wählten die Fachkräfte jeweils zwei Themen, die sie besonders interessierten. Insgesamt 19 Fachthemen hatten die KBS-Koordinator:innen vorbereitet – eingebracht mit ihrer Expertise, Begeisterung und eng verknüpft mit den Praxisbeispielen der Teilnehmenden.
So wurden die Thementische zu einem lebendigen Dialograum: für kollegialen Austausch, für neue Ideen und als kraftvoller Beweis dafür, wie vielfältig und fachlich fundiert die Arbeit in KINDER STÄRKEN 2.0 ist. Ganz im Sinne des Mottos: Was da ist, stärken.
Stellvertretend möchten wir vier Thementische näher vorstellen.

Startklar für die Thementische

Wenn der kleinste Widerstand gewinnt: IGELN in Aktion
Am Thementisch Mehrheitsentscheid war gestern – Wie Kinder mit IGELN eine tragfähige Lösung für alle finden können, wurde das IGELN vorgestellt – die Methode des Systemischen Konsensierens. Sie dreht den klassischen Mehrheitsentscheid um: Nicht Zustimmung, sondern Widerstand steht im Mittelpunkt. Jedes Kind äußert, wie stark es einen Vorschlag nicht möchte. Der Vorschlag mit dem geringsten Widerstand wird gewählt und damit oft von allen besser akzeptiert.

Entscheiden mit dem IGEL-Prinzip

Eine Übung mit den Teilnehmenden zeigte, wie das Prinzip funktioniert. „Diese Methode lässt sich schon mit Kindern ab drei Jahren umsetzen – die Igelstacheln stehen dabei für den Widerstand,“ hieß es am Tisch. Die Fachkräfte nahmen viele Ideen für das IGELN in ihrer Kita mit: sei es bei Regeln für das Miteinander, bei der Auswahl von Ausflügen oder Festen bis hin zu gemeinsamen Entscheidungen im Kollegium. Am Ende war die Rückmeldung eindeutig: „Wir müssen mehr IGELN!“ Denn auch mit Stacheln lassen sich gute Lösungen finden.

Leuchttürme im Kinderschutz
Im Mittelpunkt des Thementischs Kinder im Kinderschutz mitnehmen – Sorgen wahrnehmen und behutsam handeln stand die Überzeugung: Kinder sind Akteur:innen ihres eigenen Lebens und haben ein Recht auf Beteiligung. Gerade in belastenden oder gefährdenden Lebenslagen ist es entscheidend, ihnen Orientierung und Sicherheit zu geben. Ihre Selbstwirksamkeit durch Beteiligung zu stärken und transparent zu arbeiten, ist dabei von zentraler Bedeutung. Neben dieser kindorientierten Haltung findet sich im § 8a SGB VIII die gesetzliche Verankerung, welche neben dem Kinderschutz auch Mitbestimmung der Kinder im Verfahren fordert.
Ein Impuls unterstützte die teilnehmenden KINDER STÄRKEN-Fachkräfte darin, sich in die Lebenswelt betroffener Kinder hineinzuversetzen und ihre Perspektive besser zu verstehen. Im Austausch entwickelten sie eigene Ideen und Handlungsansätze, die durch die KBS-Moderation ergänzt wurden. Dabei zeigte sich: Viele Fachkräfte verfügen bereits über einen geschärften Blick für die Bedürfnisse der Kinder und wissen um die Bedeutung echter Partizipation.

Kinderschutz braucht Dialog – Fachkräfte & KBS im Gespräch

Die Kita soll für Kinder ein sicherer Ort sein, an dem ihre Stärken wie auch ihre Sorgen wahrgenommen werden und ihnen zugehört wird. Zusätzliche Fachkräfte sind, neben dem pädagogischen Personal dabei wichtige Ansprechpersonen und Leuchttürme im Kinderschutz. Sie sind gefordert, in komplexen Situationen professionell und reflektiert zu handeln. Als Unterstützung erhielten sie ein Hosentaschenbüchlein mit zentralen Handlungsansätzen und Reflexionsfragen für den sensiblen Umgang mit Kindern im Kinderschutz.
Die Ergebnisse des Thementisches zeigte: Eine gelebte Beteiligungskultur ist unerlässlich, denn Schutzauftrag und Mitbestimmung gehören untrennbar zusammen.

Stark wie eine Eiche – Resilienzförderung im Wald
„Raus ins Grüne!“, diesem Motto folgend fand der Thementisch in einem kleinen Waldstück neben dem Tagungszentrum statt. Dort sammelten die Fachkräfte unmittelbare Naturerfahrungen und erlebten Resilienzförderung ganz praktisch. Grundlage bildete das Resilienzmodell von Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse mit Schutzfaktoren wie Selbstwirksamkeit, Selbstregulation und Problemlösefähigkeit.
Die Gruppe erprobte exemplarisch, wie diese Faktoren im Wald erfahrbar werden: durch genaues Beobachten (Selbstwirksamkeit und Staunen), Gestalten mit Naturmaterialien (Kreativität und Problemlösefähigkeit) sowie Wahrnehmungsübungen am Baum (Selbstregulation und Achtsamkeit). Besonders spannend war es, die kleinen Wunder des Waldes mit Lupen ganz nah zu erleben. Zudem entstanden ein Barfußpfad aus Naturmaterialien, ein Waldbett aus Laub und Moos sowie ein Waldbild.

Teilnehmende des Fachtags legen gemeinsam einen Barfußpfad

Viele empfanden die Walderfahrung als wohltuend und bereichernd und äußerten den Wunsch, solche Naturerlebnisse künftig stärker in ihre Arbeit mit Kindern einzubeziehen. Eine Teilnehmerin brachte es auf den Punkt: „Ich will die Kinder künftig noch mehr einfach machen lassen – ohne ihnen immer gleich genaue Vorgaben zu geben, damit ihre Kreativität wachsen kann.“
Der Wald ist ein Ort für Entlastung und Erholung und bietet vielfältige Anlässe, personale Schutzfaktoren zu entwickeln und damit psychische Widerstandsfähigkeit bereits bei jungen Kindern zu fördern – ganz im Sinne einer Bildung, die stark macht wie eine Eiche.

Inklusive Bildung leben: Brücken zwischen Kindergarten und Grundschule
Der Thementisch von Prof. Timm Albers griff die Impulse des Vortrags auf und lud zu einem gemeinsamen Dialog ein.
Ausgehend vom Leitgedanken „Nicht die Kinder sollen schulfähig werden, sondern die Schulen kindfähig“ wurden strukturelle Herausforderungen der Inklusion in Sachsen diskutiert – ebenso wie erfolgreiche Lösungsansätze. Besonders betont wurde die Bedeutung tragfähiger Kooperationen zwischen Kindergärten und Grundschulen, wobei Leitungspersonen eine Schlüsselrolle einnehmen. Regelmäßige Treffen aller Beteiligten ermöglichen den Austausch darüber, was Kinder bedarfsgerecht unterstützt. Gleichzeitig können Fragen wie „Unsere Einrichtung arbeitet bereits inklusiv – wie haben wir das geschafft und wen brauchten wir dafür?“ Entwicklungsprozesse initiieren.

Prof. Albers am Thementisch im Gespräch mit den Fachkräften

Als gutes Praxisbeispiel wurde das Dortmunder Modell Sprachbrücken vorgestellt, das eine durchgängige Sprachförderung vom Elementar- bis in den Primarbereich sicherstellt.
Aus den Diskussionen des Thementischs lässt sich ableiten: Inklusive Bildung benötigt klare Strukturen, konzeptionelle Rahmenbedingungen und koordinierende Personen – nicht nur das Engagement einzelner Fachkräfte. Praxis und Wissenschaft können mit einer gemeinsamen Stimme auftreten und sich in der Politik dafür stark machen, Bildung konsequent vom Kind aus zu denken. Und auch wenn nicht immer sofort klare Wege sichtbar sind: Manchmal sind es gerade die kleinen Trampelpfade, die zum Ziel führen und einen Perspektivwechsel anstoßen.

Gemeinsam weiterdenken
Der Fachtag überzeugte durch eine besondere Mischung aus Leichtigkeit und fachlicher Tiefe – das spiegelten auch die Rückmeldungen der Fachkräfte während der Abschluss-We-Time mit der KBS wider. Geschätzt wurden die klare Struktur, die konzentrierte Arbeit an den Thementischen, die präzise dosierten Informationen sowie der großzügige Raum für Austausch. Besonders hervorgehoben wurden die Vielfalt der Thementische und die inspirierenden neuen Methoden.
Fachkräfte und KBS brachten ihre Expertise ein und füllten die Themen mit Leben. Deutlich wurde dabei die Haltung der Fachkräfte: offen, reflektiert und mit großer Bereitschaft, Neues aufzunehmen.
So entwickelte sich der letzte Fachtag in der aktuellen Förderphase selbst zu einem Impulsgeber, auf den sich weiter aufbauen lässt und der neue Handlungsschritte anstößt.

Weitere Informationen zum Fachtagsprogramm.

Fachtag 2025 – das bleibt bei mir hängen …

Impressionen vom Fachtag

 

Titelbild, alle Bilder im Text und in der Galerie © SLfG