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Am 18. September 2019 fand am ehs zentrum ein Fachaustausch von Kitasozialarbeiter_innen mit dem Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie an der Uniklinik Dresden, Prof. Dr. med. Veit Rößner, zum Thema „Auffälliges Verhalten von Kindern als Herausforderung“ statt. Nachdem im Rahmen des Dresdner Netzwerktreffens im Mai 2019 der Umgang mit sogenanntem herausforderndem Verhalten von Kindern im Zusammenhang mit dem Konzept der neuen beziehungsorientierten Autorität diskutiert wurde, interessierte nun, welche Perspektiven es seitens der Kinder- und Jugendpsychiatrie auf das Phänomen „auffälliges Verhalten“ gibt.

Im Rahmen der vierstündigen Veranstaltung wurden eine Reihe von Themen und Fragen angesprochen und diskutiert, u.a.:

  • Wie muss man sich die Kinder- und Jugendpsychiatrie vorstellen? Wie ist sie strukturiert? Wer arbeitet dort und was sind deren Aufgaben? Wie kommen die Kinder hierhin? Weshalb sind sie dort, wie alt sind die und wie werden sie behandelt?
  • Wie denkt und spricht Kinder- und Jugendpsychiatrie über auffälliges und herausforderndes Verhalten und gibt es womöglich eine markierbare Grenze zum Pathologischen? Wie wird kindliches Verhalten klassifiziert und diagnostiziert, wenn es Bedarf hierfür gibt?
  • Gibt es ein Kontinuum von auffälligem bis abweichendem Verhalten hinzu Störungen im psychiatrischen Sinne? Wo ist eventuell der Punkt, an dem Pädagogik bzw. soziale Arbeit aufhört und Psychiatrie beginnt? Wie begegnen wir eventuellen Nichtzuständigkeiten, Irritationen oder Mehr- und Uneindeutigkeiten, die kindliches Verhalten offenbar v.a. bei uns Sozialarbeiter_innen erzeugt? Welche Antworten erwarten wir hier? Wie sieht eine Zusammenarbeit zwischen Kitasozialarbeit und Psychiatrie aus? Und noch weiter gedacht: Wer sind weitere Partner in einem kindbezogenen Unterstützernetzwerk und wie steht es um diese Partnerschaft?
  • Und schließlich: Welchen Rat bzw. welche Antworten hätte die Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. dessen prominenter Vertreter auf die kleinen und großen, universellen und speziellen Fragen der Kitasozialarbeiter_innen und Pädagog_innen aus der Kitapraxis?

In den vier Stunden wurden viele der oben benannten Fragen gestellt und viele unterschiedliche Gedanken geäußert. Prof. Rößner verwies aus der Perspektive eines Mediziners und Psychiaters auf die zwingende diagnostische Einordnung kindlichen Verhaltes. Hierzu werden empirische Zugänge genutzt, v.a. über eine multiaxiale Diagnostik nach dem ICD-10, einer statistischen Klassifikation der Krankheiten und eben auch psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter. Hieran schließen sich entsprechende Therapien an. Zum anderen verwies Prof. Rößner aber auch auf die Bedeutung kindlicher Bedürfnisse, deren Be- oder Missachtung auf das Verhalten wirken. Hier ging es v.a. um beständige liebevolle Beziehungen, Sicherheit und Regulation, Grenzen und Strukturen sowie stabile Umfeldbedingungen. Die Bedeutung der Erwachsenen als Interaktionspartner für Kinder und insbesondere ihre erzieherische Präsenz – im Anschluss ans das Konzept neuer Autorität – kam ebenfalls zum Ausdruck. Einfache, schnelle und kausale Antworten, wie man mit auffälligem Verhalten umzugehen habe, gab es auch von Prof. Rößner nicht. Dafür ist die Thematik einerseits zu komplex und andererseits zu individuell. Es gab aber eine Menge unterschiedlicher Anregungen, um sich selbst denkend und handeln zu positionieren.

Vielen Dank hierfür an alle Beteiligten!

Andreas Wiere, Programmleitung