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Die zusätzlichen Fachkräfte/Kitasozialarbeiter*innen im Programm KINDER STÄRKEN unterstützen und fördern im Rahmen ergänzender sozialer Arbeit Kinder mit besonderen Lern- und Lebenserschwernissen und deren Familien. Regelmäßig stehen sie mit Eltern im Austausch. Vor allem in akuten krisenhaften Situationen ist ein flexibles und professionelles Handeln wichtig. Um die Handlungssicherheit der zusätzlichen Fachkräfte/Kitasozialarbeiter*innen zu stärken, fand am 23. März 2021 das Online-Seminar Eltern in Krisen begleiten – Wie kann ich unerwartete Anliegen und Situationen annehmen, dranbleiben und weitergeben? statt.

Gemäß dem Motto „Aus der Praxis – Für die Praxis“ gaben Anke Maria Thiele von der TelefonSeelsorge Dresden und Familienberatung Radebeul sowie Kay Steinbacher-Lodl von der Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Diakonie Freiberg Einblicke in ihre Arbeit. Sie berichteten von ihren langjährigen Erfahrungen und darüber, welche Wege sie gehen, um Menschen in Krisen zu begleiten und für diese einen Rahmen zu schaffen.

Über 60 zusätzliche Fachkräfte/Kitasozialarbeiter*innen folgten dem von zwei KBS-Koordinatorinnen moderierten Interview und erhielten Antworten auf die Fragen: Was brauchen Familien/Hilfesuchende? Was kann ich wie leisten und wo sind meine Grenzen? Wie kann ich mich schützen?

Frau Thiele beschreibt ihr Wirkungsfeld zu Beginn als einen Ort zum Zuhören. Und das ist die Hauptbotschaft der Beiden: Am Anfang ist es das Wichtigste, zuzuhören, ein offenes Ohr zu haben und sich Zeit zu nehmen. Auch wenn Zuhören oft als inaktiv wahrgenommen wird, ist es aus Sicht der Beiden ein äußerst aktives Tun. Menschen geben wieder, was sie beschäftigt und sind schon dadurch ein Stück entlastet. Die Dinge erhalten Struktur und das Durcheinander im Kopf bekommt Form. Insgesamt liegt der aktive Part zu Beginn darin, den Raum und Rahmen für eine entlastende Begegnung zu schaffen und zu erkennen und zu verstehen, was die Krise ausmacht. Das kann auch am Gartenzaun oder im Eingangsbereich der Kita sein. Frau Thiele und Herr Steinbacher-Lodl gaben den Fachkräften mit auf den Weg, nicht in Aktionismus zu verfallen und sofort tätig sein zu wollen, sondern eine Distanz zu wahren und die Dinge zunächst gemeinsam mit dem Gegenüber zu ordnen. Erst dann wird in weiteren Schritten bei Folgegesprächen zusammen überlegt, wie man die Krise bewältigen kann.

Im weiteren Seminarverlauf weisen Beide darauf hin, dass es in krisenhaften Situationen wichtig ist, persönliche Grenzen zu ziehen und Schutzmechanismen zu entwickeln: Deine Krise ist nicht meine Krise. Für sie gehört dazu, bspw. einen anderen Ort bzw. Rahmen für das Gespräch zu wählen oder vorzuschlagen, eine*n Kolleg*in mit mehr Erfahrung hinzuzuziehen. Auch die gezielte Weitervermittlung ist eine wichtige Handlungsoption. Es ist vorteilhaft, die empfohlenen Beratungsstellen und ihre Rahmenbedingungen (z. B. Wartezeiten, freie Termine, Zugänge) zu kennen. Herr Steinbacher-Lodl spricht von klassischer Netzwerkarbeit. Gemeinsam mit den Eltern gilt es dann, sich vorzutasten und zu schauen, welche Unterstützung es braucht.

Für intensive Beratungen empfiehlt Frau Thiele, sich selbst die Botschaft zu vermitteln, die Dinge nicht jetzt lösen zu müssen. Ihr hilft es, in komplexen Situationen einen Schritt nach hinten zu gehen und an- bzw. innezuhalten. Das ist auch am Gartenzaun möglich. Herr Steinbacher-Lodl regt die Fachkräfte an, besonders auf ihre Selbstfürsorge zu achten. Das sei wichtig, wenn man mit Kopf und Herz arbeitet und die Abgrenzung zur Arbeit schwierig sein kann. Beide betonen, dass es menschlich ist, wenn beratende Personen von Geschichten berührt sind und dem Gegenüber im geschützten Rahmen ihre Resonanz zeigen.

Es sind sehr authentische und persönliche Erfahrungen und Geschichten, die die Beiden mit den Teilnehmenden teilen. Am Ende des Interviews fühlt es sich so an, als hätte man ihnen einen Tag lang über die Schulter geschaut. Ihre Worte motivieren und machen Mut, sich Zeit zu nehmen und zuzuhören.

Nach dem Interview nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Anschließend tauschten sich die Fachkräfte in Kleingruppen aus, übertrugen das Gehörte in den Kita-Alltag und verfestigten es damit für die Anwendung in der Praxis.

Das KBS-Team bedankt sich bei Frau Thiele und Herrn Steinbacher-Lodl für das Interview sowie bei allen Teilnehmenden für das Interesse und das Engagement im Fachaustausch.